26.06.2020

Pressemitteilung Trotz Wirtschaftskrise Licht am Horizont erkennbar

Die Corona-Krise hat in allen Lebensbereichen Spuren hinterlassen, gerade auch wirtschaftlich spüren sowohl Betriebe als auch die Arbeitnehmer*innen die Folgen. Aufgrund der großen wirtschaftlichen Verwerfungen hat sich der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus einzig und allein dem Thema Corona-Krise und die Wirtschaft im Landkreis gewidmet – und dabei in vielen Ausführungen einen Silberstreif am Horizont sehen können.

Landrat Jens Marco Scherf sprach von einer medizinisch derzeit unauffälligen Corona-Lage im Landkreis, dennoch müsse man weiter die Grundlagen des Infektionsschutzes beachten, wie Abstände einhalten, Nasen- und Mundbedeckung bei Bedarf tragen sowie auf Hygiene achten. Dass der Landkreis bislang gut durch die Krise gekommen sei, führte er auf konsequentes Krisenmanagement unter Leitung der Führungsgruppe Katastrophenschutz zurück. An drei Bürgertelefonen zu allgemeinen und medizinischen Fragen sowie zu den wirtschaftlichen Soforthilfen des Bundes und des Freistaats habe man rund 18.000 Anfragen beantwortet – ohne Personalmehrung, sondern durch Überstunden, Arbeitsverdichtung und Personalverlagerungen innerhalb der Behörde. Dieser historisch einmalige Kraftakt auch im Gesundheitsamt habe es ermöglicht, die Kontaktpersonen zu allen 305 bestätigen Infektionen mit Sars-CoV-2 zu identifizieren und dabei über 1.300 Menschen im Landkreis zeitweise unter Quarantäne zu stellen.

Im Landratsamt selbst seien alle Dienste fortgeführt worden, bei den Wertstoffhöfen und den Kfz-Zulassungsstellen gebe es nun Online-Terminbuchungen. Insgesamt erhöhe das Vereinbaren von Terminen sogar die Servicequalität.

In der Umsetzung des Kreishaushalts 2020 habe man unter strikter Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben an allen Investitionen festgehalten, die Lockerungen möglichst einfach, aber verantwortungsvoll umgesetzt und stets mit der IHK und der HWK gesprochen. Die Mehrkosten im Zusammenhang mit Corona bezifferte der Landrat auf 110.000 Euro. Der Freistaat wolle diese Kosten aber erstatten. Der im Vergleich zu anderen Kreisverwaltungsbehörden maßvolle Mitteleinsatz wird vom landrat auf die wirkungsvolle Unterstützung durch die Stützen des überörtlichen Katastrophenschutzes THW, Feuerwehr mit Kreisbrandinspektion und BRK zurückgeführt. Beispielsweise bei der Teststrecke gibt es eine sehr gute Kooperation mit dem BRK-Kreisverband und den Helios-Kliniken.

Der Arbeitsmarkt habe einen historisch einmaligen Einbruch in der Nachkriegsgeschichte erlebt, wies Scherf auf 2.842 Arbeitslose im Landkreis (Zahlen vom Mai) hin, 865 mehr als im Vergleichsmonat 2019 (3,8 Prozent gegenüber 2,7 Prozent). Am Bayerischen Untermain hätten 4.300 Betrieb Kurzarbeit angemeldet mit potenziell bis zu 67.000 Betroffenen. Er lobte die weiter hohe Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und sprach von 2.400 Ausbildungsstellen am Bayerischen Untermain. Die Zahl der offenen Stellen liege zudem über der Zahl der Ausbildungssuchenden.

Für die Industrie- und Handelskammer (IHK) Aschaffenburg gab Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Freundt einen Einblick in den aktuellen Konjunkturbericht. In den ersten vier Monaten seien bei etwa zwei Dritteln der Befragten die Umsätze gesunken, 41 Prozent stuften ihre Lage als schlecht ein. Etwa die Hälfte habe personell reagiert – mit Kurzarbeit, Nichtverlängerung befristeter Stellen und betriebsbedingten Kündigungen. Die Hälfte klage über wegbrechende Aufträge, die Unterbrechung der Lieferkette bereite einem Drittel Sorgen. Vor allem in der Tourismusbranche sei die Liquidität teilweise existenzbedrohend, wusste Freund. Hier sähen sogar 91 Prozent eine schlechte Geschäftslage, im Baugewerbe dagegen sei die Lage relativ gut. Freundt sah „den einen oder anderen Hoffnungsschimmer“ und lobte den Einsatz der Überbrückungshilfen. Es gelte dabei, manche Dinge in der Krise als Chance zu sehen und keine Horrorszenarien zu entwerfen.

Für die Handwerkskammer (HWK) berichtete Björn Salg von teilweise erheblichen Umsatzeinbrüchen, die aber nicht alle Branchen gleichermaßen betroffen hätten.

In der aktuellen Konjunkturumfrage, in der die Mitglieder bis Anfang April befragt worden waren, hätten alle Branchen im Vergleich zum Vorjahresquartal von einer schlechteren Geschäftslage berichtet. Besonders betroffen gewesen seien die Gesundheitsbranche und persönliche Dienstleistungen. Diese Branchen, aber auch das Kfz-Handwerk, hätten über deutlich sinkende Auftragseingänge und rückgängige Umsätze berichtet. Das Nahrungsmittelhandwerk sei ebenfalls stark betroffen. Durchweg alle Branchen schätzten die Geschäftslage im zweiten Quartal 2020 deutlich schlechter ein als im ersten Quartal. Obwohl die aktuelle Konjunkturumfrage noch laufe, sei aber der Trend zu stabiler oder positiver Erwartung der Geschäftslage erkennbar. In Sachen Ausbildung vermeldete er ein zweistelliges Minus bei der Zahl der Ausbildungen. Die HWK versuche aber, mit verschiedenen Maßnahmen gezielt junge Leute anzusprechen.

Laut Beatrice Brenner vom Bundesverband mittelständischer Wirtschaft habe in den Unternehmen der Umstieg auf das Home-Office gut geklappt, auch wenn die Umsetzung der Datenschutz- und Arbeitsplatzrichtlinien nicht immer eingehalten worden sei. Die Hilfsgelder für Solo-Selbstständige hätten sich teilweise lange verzögert, auch seien Kredite für Unternehmen nicht so unkompliziert geflossen wie ursprünglich angekündigt. Die Stundung von Sozialbeiträgen und Steuern habe geholfen, allerdings müssten diese dennoch bezahlt werden. Sie zeigte sich dankbar für das Instrument der Kurzarbeit, das rund die Hälfte der Betriebe in Anspruch genommen habe. Viele Firmen hätten die Digitalisierung genutzt, kreative Lösungen entwickelt und alternative Geschäftsmodelle entwickelt. Die Umsetzung der Mehrwertsteuerregelung sei für manche „ein Monsteraufwand“. Der Bundes- und Landespolitik gelte ein dickes Lob für die Bereitstellung der Hilfen.

Dass der Tourismus stark unter der Corona-Krise gelitten hat, ließ sich aus dem Bericht der Odenwald-Tourismus GmbH ableiten. Von März bis Mai seien die Buchungs- und Übernachtungszahlen spürbar gesunken, aktuell steige das Buchungsaufkommen aber stark. Seit Ende Mai hätten 90 Prozent der Gastronomiebetriebe wieder geöffnet. Vor allem die Betriebe profitierten, die während des Lockdowns Abhol- und Lieferservice angeboten hatten. Die meisten Ausflugsziele seien mittlerweile wieder geöffnet, auch gebe es wieder Führungen, wenn auch in eingeschränktem Umfang. Die Tourismus-GmbH verzeichne deutlich mehr Tagesausflüge, vor allem durch Besucher aus den umliegenden Ballungsräumen. Die Buchungen auf den Campingplätzen seien stark gestiegen. Viele touristische Leistungsanbieter hätten aber wirtschaftliche Probleme und könnten kaum in Marketing investieren. Deshalb komme dem Marketing auf der Ebene der touristischen Arbeitsgemeinschaften und der Destination eine besonders wichtige Rolle zu.

Für den Kreisverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands sprach Vorsitzender Michael Liebe von „einer schweren Zeit“ und einer dramatischen, existenzgefährdenden Lage. Das Kurzarbeitergeld habe viele Betriebe gerettet, sagte er. Leider habe die Krise die Gastronomie in ihrem traditionell schlechtesten Quartal getroffen. Die Vorgaben aus München seien extrem kurzfristig gekommen und deshalb nur sehr schwer umsetzbar gewesen, kritisierte er. Viele Gastronomen hätten das Außerhausgeschäft angekurbelt und auf diese Weise wenigstens ihre Fixkosten decken können. Liebe rechnet bis Jahresende mit einer größeren Insolvenzwelle. Eine zweite Corona-Welle würden viele Gastronomen nicht überleben, glaubt er.

Für den Tourismusverband Spessart-Mainland berichtete Michael Seiterle von stark zurückgehenden Ankünften und Übernachtungen in den Monaten März und April. Dennoch gebe es Hoffnung: Die postalischen Anfragen in der Geschäftsstelle lägen bislang zwölf Prozent über denen des Vorjahres. Vor allem im Mai und Juni hätten die Anfragen stark angezogen. Er hofft, dass sich dies auch in der Nachfrage ummünzt. Die Internetseite werde sehr gut besucht, sagte Seiterle und vermeldete sehr hohe Zugriffszahlen im Mai und im Juni. Die am Buchungsportal angeschlossenen Betriebe freute sich über viele Buchungen bis zum Jahresende. Immer besser funktioniere das Marketing über die neuen Medien wie Facebook und Instagram. Etwas Sorge hat Seiterle wegen der Corona-Situation in Nordrhein-Westfalen, dem wichtigsten inländischen Quellmarkt der Region. „Hier müssen wir von Tag zu Tag schauen“, sagte er.

Die ZENTEC hat die Corona-Krise genutzt, um ihre Projekte weiterzutreiben, sagten die Geschäftsführer Marc Gasper und Thorsten Stürmer. Im gründerzentrum sei man fast komplett ausgelastet, es gab sogar zwei Neueinzüge. Die Betreuung und Beratung wurde durch zusätzliche digitale Angebote erweitert.
Intern habe man sich neu positioniert, nachdem zwei Neueinstellungen das Team verstärkt hätten. Man etwa für Invest in Bavaria eine Umfrage der Staatsregierung bearbeitet, in der es um die Herausforderungen in Unternehmen am Untermain im Hinblick auf eine Corona-Exit-Strategie ging, im Infoportal „Wo wenn nicht hier“ habe man Informationen rund um die Corona-Krise gebündelt. In den Kompetenznetzwerken habe man eine Online-Befragung von 600 Unternehmen auf den Weg gebracht in Bezug auf Herausforderungen, Intensivierung der Netzwerkarbeit und Themen für Veranstaltungen. Man habe einen Fokus auf die Virtualisierung der Beratungs- und Netzwerkangebote in allen Geschäftsbereichen gelegt, Webinare und Schulungsangebote seien in Vorbereitung. In Sachen Gründungsberatung vermeldete Stürmer nachlassende Nachfrage, auch wenn das Technologie- und Gründerzentrum zu 98 Prozent ausgelastet sei. Große Bedeutung schrieb er dem EXIST-Förderprogramm zu, mit dem in Kooperation mit der TH Aschaffenburg und dem Digitalen Gründerzentrum Gründungspotenziale an der TH Aschaffenburg entwickelt und genutzt werden sollen.

In seinem Schlusswort konstatierte Landrat Jens Marco Scherf, dass man in der Vergangenheit viele Weichen richtiggestellt habe. Trotz der historischen Krise, die alle Bereiche betrifft, sehe man Licht am Horizont. Die ersten Monate habe man sehr gut bewältigt, man habe sich im Landkreis Miltenberg aufeinander verlassen können. Darauf werde es auch in den kommenden Wochen und Monaten ankommen.
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