Tagesordnungspunkt

TOP Ö 9: Antrag des Kreisrates Ulrich Frey auf Verabschiedung einer Informationsfreiheitssatzung für den Landkreis Miltenberg

BezeichnungInhalt
Sitzung:05.03.2007   KT/028/2007 
DokumenttypBezeichnungAktionen

 

Verwaltungsdirektor Fieger trug vor, dass Kreisrat Ulrich Frey mit Schreiben vom 11.12.2006 die Verabschiedung einer Informationsfreiheitssatzung für den Landkreis Miltenberg beantragt habe. Aus zeitlichen und organisatorischen Gründen sei es nicht möglich gewesen, den Antrag in die Sitzungsrunde im Dezember 2006 einzubringen. Deshalb sei er gemäß § 17 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung für den Kreistag (GeschO) in die Tagesordnung der jetzigen Sitzungsrunde aufgenommen worden.

 

Weiter führte Verwaltungsdirektor Fieger folgendes aus:

 

1.  Noch einmal zur Klarstellung: In seinem Kerngehalt sei der Satzungsentwurf von Kreisrat Frey auf ein Auskunftsrecht ausgerichtet, das ohne weitere Voraussetzungen, insbesondere ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses gewährt werden soll (s. § 2 Abs. 1 Satz 2 des Satzungsentwurfs). Betrachte man den Personenkreis, um den es hier gehe, so sei dies ein relativ kleiner. Die meisten Bürgerinnen und Bürger erhalten bereits aufgrund anderer Vorschriften Auskünfte, etwa weil sie Verfahrensbeteiligte seien und weil sie deswegen tatsächlich ein berechtigtes Interesse hätten.

 

2.  Der Wandel zur bürgerfreundlichen Verwaltung sei in der Vergangenheit gut und zur Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden gelungen. Er lasse sich deswegen von einer veröffentlichten Einzelmeinung nicht einreden, dass die Landkreisverwaltung in Bezug auf Bürgerfreundlichkeit einen Riesen-Nachholbedarf habe. Meinungsumfragen belegen nämlich genau das Gegenteil!

 

3.  Der Landkreis Miltenberg wäre in ganz Bayern einer der einzigen, womöglich sogar der einzige, der eine solche Satzung hätte. Der dadurch entstehende Aufwand wäre mit den Grundsätzen und Zielen der Entbürokratisierung, Deregulierung, Verwaltungsvereinfachung und –beschleunigung nicht zu vereinbaren.

 

4.  Punkt 3 c) der Sitzungsvorlage für den Kreisausschuss müsse natürlich geändert werden. Zwar hätten die Landtagsfraktionen von SPD (Drs15/4586 vom 13.01.2006) und Bündnis 90/Die Grünen (Drs15/4587 vom 16.01.2006) zu Beginn des Jahres 2006 Entwürfe zum Erlass eines Bayerischen Informationsfreiheitsgesetzes eingebracht. Der Bayerische Landtag habe jedoch am 18.10.2006 beide Gesetzentwürfe abgelehnt, so dass ein Gesetz des Freistaats Bayern dem Erlass einer lokalen Satzung nicht entgegenstehe.

 

Aber: Nobody is perfect – auch er (Verwaltungsdirektor Fieger) nicht. Da er nicht allwissend sei, habe er seine Informationen vom Bayerischen Landkreistag bezogen. Was in der Vorlage für den Kreisausschuss enthalten gewesen sei, sei schlicht und einfach der dort bekannte Sachstand gewesen. Dass dieser zeitlich überholt gewesen sei, tue ihm leid – für den Fehler in der Vorlage entschuldige er sich.

 

Der neue Punkt c) laute daher wie folgt: „Der Satzungsentwurf von Kreisrat Frey bezieht sich ausdrücklich nur auf „Informationen über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises des Kreises“. Ausdrücklich ausgenommen sind folglich Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises und Staatsaufgaben. Beide Aufgabenbereiche – die übertragenen Aufgaben und die Staatsaufgaben – machen jedoch den größten Teil der Aufgaben des Landratsamtes aus. Die meisten Aufgaben des Landratsamtes sind keine Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises, sondern des übertragenen Wirkungskreises und Staatsaufgaben.“

 

Zum eigenen Wirkungskreis gehören z.B. der Haushalt, die Sachaufwandsträgerschaft über die Schulen, die Abfallbeseitigung, die Jugendhilfe, die Sozialhilfe oder das Landkeispersonal. Viele andere Aufgaben wie z.B. die Bauaufsicht, der Immissionsschutz, der Naturschutz, das Wasserrecht oder die Kommunalaufsicht seien reine Staatsaufgaben, auf die sich der Satzungsentwurf ausdrücklich nicht beziehe und auch nicht beziehen dürfe.

 

Und noch ein Weiteres: Der Unterschied zwischen eigenem Wirkungskreis einerseits und übertragenem Wirkungskreis sowie Staatsaufgaben andererseits sei sicher jedem Kreistagsmitglied geläufig. Jemandem, der nicht ständig mit kommunalen Aufgaben zu tun habe, sei dieser Unterschied aber in der Regel nicht bekannt. Deshalb sei es in der Praxis auch schwer zu erklären, dass jemand über einen bestimmten Bereich eine Auskunft erhalten und ihm über einen anderen Bereich eine Auskunft versagt bleiben soll. Hinzu komme, dass es in der Jugend- und in der Sozialhilfe einen sehr strengen Sozialdatenschutz gebe, so dass hier grundsätzlich keine Auskünfte erteilt werden dürfen, erst recht nicht in Personalangelegenheiten. Das Ergebnis wäre letztendlich Unverständnis, Frust und Verärgerung beim Bürger.

 

Fazit: Was im Hinblick auf den Personenkreis und auf die Themen einer Informationsfreiheitssatzung übrig bleibe, sei ein relativ kleiner Bereich. Dafür eine eigene Regelung mit einem eigenen zusätzlichen Prüfungsaufwand einzuführen, stehe einem ernst gemeinten Bürokratieabbau diametral entgegen.

 

4.  Der Satzungsantrag von Kreisrat Frey gehe auf eine landesweite Aktion der ödp zurück, die - wohl aufgrund einer aktuellen Interessenslage - jetzt auch den Landkreis Miltenberg erreicht habe. Deswegen sei auch schon der Bayerische Landkreistag mit der Angelegenheit befasst gewesen, der empfehle, vom Erlass einer solchen Satzung abzusehen.

 

Es gebe hierzu einen Empfehlungsbeschluss des Kreisausschusses. Der Kreisausschuss habe den Antrag von Kreisrat Frey am 26.02.2007 mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

 

Zur Berichterstattung in der Presse über die Behandlung des ödp-Antrages im Kreisausschuss Landrat Schwing äußerte Landrat Schwing folgendes:

 

-    Wir haben, wie allen bekannt ist, im Landkreis Miltenberg nur eine einzige Tageszeitung. Wegen dieser Monopolstellung haben die Redakteure dieser Zeitung eine besondere Verantwortung.

 

-    Die Berichterstattung und der Kommentar über die Kreisausschusssitzung vom 26.02.2007 waren ein Rundumschlag gegen den Landrat und die Landkreisverwaltung.

 

-    Die rd. 15-jährige Arbeit von ca. 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ein kundenfreundliches Landratsamt hat es nicht verdient, auf diese Art und Weise kaputt geschrieben zu werden. Außerdem wird hier ein Problem hochstilisiert, das es so nicht gibt.

 

-    Die relativ sachliche, wenn auch kontrovers geführte Diskussion im Kreisausschuss kann dafür nicht die Grundlage gewesen sein.

 

-    Ich respektiere jede andere Meinung in dieser Angelegenheit, aber was hier betrieben wird, ist Stimmungsmache. Die allermeisten Betroffenen haben nämlich die geforderte Informationsfreiheit. Dies ist im Presseartikel aber nicht zu lesen.

 

-    Wiederholt haben Sie, Herr Kümmel, versucht, Politik zu machen (siehe verschiedene Diskussionen zu den Krankenhäusern). Wenn Sie das wollen, dann sollten Sie sich über eine Liste für den Kreistag bewerben. Wenn Sie dann noch gewählt werden, können Sie in diesem Gremium Politik machen.

 

-    Ich will kein Öl ins Feuer gießen, aber hier wird ein Thema zu einem riesigen Problem hochstilisiert, das es so nicht gibt. Das sind zumindest die Beobachtungen der Praktiker vor Ort.

 

Kreisrat Frey wies darauf hin, dass Verwaltungsdirektor Fieger zugegeben habe, dass Punkt 3 c) der Beschlussvorlage für den Kreisausschuss unhaltbar sei. Dies schwäche inhaltlich die Argumentation der Verwaltung und zeige, dass der Empfehlungsbeschluss des Kreisausschusses aufgrund falscher Argumentation zustande gekommen sei.

 

Kreisrat Frey führte weiter aus, dass Informationsfreiheit ein demokratisches Kontroll- und Mitgestaltungsrecht für alle Bürger sei. Wo Informationsfreiheit bestehe, hätten Bürger ein allgemeines Einsichtsrecht in die Akten der öffentlichen Verwaltung. Dadurch werden die Informationen, die in den Behörden vorliegen, das was sie eigentlich sein sollen: Öffentliche Informationen, die allen Bürgern gehören. Das Prinzip der Öffentlichkeit der Verwaltung trete an die Stelle des traditionellen Amtsgeheimnisses. Informationsfreiheit stehe im Einklang mit Recht und Gesetz. Schutzbestimmungen anderer Gesetze, wie etwa dem Datenschutz, bleiben gewahrt. Denn es gehe keinesfalls darum, das Privatleben eines Bürgers oder Firmengeheimnisse auszuforschen. Deshalb seien auch die Bereiche, in denen es keinen allgemeinen Zugang zu Informationen geben könne, klar definiert.

 

In über 60 Ländern der Welt existieren schon solche Informationsfreiheitsgesetze. Seit 01.01.2006 sei auch in Deutschland das neue Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Nicht mehr die Geheimhaltung amtlicher Informationen sei nun die Regel, sondern ihre allgemeine Zugänglichkeit Dieses neue Gesetz gelte allerdings nur für die Bundesbehörden. Aber auch in acht Bundesländern seien bereits Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet worden. Aus diesen Bundesländern werden fast ausschließlich positive Erfahrungen gemeldet. Die Verwaltungen seien nicht unter einer Anfrageflut zusammengebrochen. Im ersten Evaluierungsbericht aus Nordrhein-Westfalen sei von einem verantwortungsbewussten Umgang der Bürger mit ihrem neuen Recht die Rede.

 

Den Kommunen stehe es frei, für ihren eigenen Wirkungskreis im Rahmen der Selbstverwaltung kommunale Informationsfreiheitssatzungen zu beschließen. Der vorliegende Antrag schließe eine Auskunftspflicht aus, soweit Informationen nach geltendem Recht geheim gehalten werden müssen. Mit einer Informationsfreiheitssatzung könne sich der Landkreis selbst dazu verpflichten, die Verwaltungsvorgänge im Landratsamt allgemein zugänglich, transparent und damit auch nachvollziehbar zu machen.

Verwaltungsdirektor Fieger spreche in seinem Beschlussvorschlag von der umfangreichen Medienberichterstattung und der Sitzungsöffentlichkeit: Nur nützt die Medienberichterstattung einem Bürger, der ein Anliegen habe, welches in den Medien nicht auftauche oder für dessen speziellen Fragen der Text nicht aussagekräftig genug sei, nichts. Wenn der Landrat die angesprochene Sitzungsöffentlichkeit wirklich ernst nehme, könnte er ja in Zukunft dafür Sorge tragen, dass

-    die Tagesordnungen der öffentlichen Sitzungen rechtzeitig in der Presse oder auf der Homepage des Landkreises veröffentlicht werden,

-    die Sitzungen außerhalb der Kernarbeitszeiten stattfinden und

-    für die Dauer der Sitzungen - um den Erziehenden auch die Teilnahme zu ermöglichen - vielleicht im kleinen Sitzungssaal eine Krabbelstube eingerichtet werde. Dies liege derzeit außerdem im Trend!

 

Für eine Informationsfreiheitssatzung spreche durchaus, dass derzeit der Zugang zu Informationen für die Bürger stark reglementiert sei. Deshalb hätten sowohl die Bundesregierung als auch verschiedene Bundesländer entsprechende Gesetze erlassen. Sie hätten damit die Rechte der Bürger und damit die Demokratie gestärkt. Sie hätten aktiv der Politikverdrossenheit entgegen gewirkt und in ihrem Zuständigkeitsbereich für offenen und ehrlichen Umgang mit den Bürgern gesorgt.

 

Weiter spreche Verwaltungsdirektor Fieger den Prüfungsaufwand an, der bei der Bearbeitung der Akteneinsichtsanträge entstehen könnte:

-    Viele Anfragen lassen sich wahrscheinlich recht einfach klären.

-    Wir unterscheiden schon jetzt zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Teil einer Sitzung. Was öffentlich behandelt werde, könne ohne weitere Prüfung in Zukunft elektronisch veröffentlicht werden. Dadurch würde sich auch gleich die Einführung der amtlichen Krabbelstube erübrigen.

-    Die Bürger seien der Souverän in unserem Land. Sie seien mündig und hätten Anspruch darauf, von den Behörden ernst genommen zu werden. Dazu gehöre der Rechtsanspruch, Fragen zu stellen und qualifizierte Antworten zu erhalten.

-    Eine Gebührenordnung würde die Flut der Anträge sowie die Kosten für die Verwaltung in Grenzen halten.

-    Man sollte eine sinnvolle Sache nicht deswegen verhindern, weil im Einzelfall  Schwierigkeiten auftreten könnten.

 

Abschließend ein Zitat aus dem Unternehmensleitbild des Landkreises Miltenberg: „Die Bürgerinnen und Bürger sind unsere Kunden. Wir entscheiden bürgernah ……… Dadurch werden Entscheidungen für den Bürger transparent und eher akzeptiert.“ Kreisrat Frey bat, dazu zu helfen, dass aus diesem Anspruch Wirklichkeit werde.

 

Landrat Schwing bat Kreisrat Frey, über seinen Schatten zu springen. Verwaltungsdirektor Fieger habe sich dafür, dass er vom Bayerischen Landkreistag falsch informiert worden sei, bereits entschuldigt. Zur Forderung von Kreisrat Frey, die Tagesordnungen für Sitzungen rechtzeitig in der Presse und im Netz zu veröffentlichen, weise er darauf hin, dass alle Kreistagsmitglieder und die Presse fristgerecht die Tagesordnungen für Sitzungen erhalten. Es bleibe der Presse überlassen, diese Tagesordnungen zu veröffentlichen. Mehr Informationen seien derzeit nicht möglich.

 

Kreisrat Scherf bemerkte, dass in der Kritik nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sondern höchstens Verwaltungsdirektor Fieger und die Mehrheit der Kreistagsmitglieder stehen. Wenn der Wandel zu einer bürgerfreundlichen Verwaltung erfolgen soll, sei eine Informationsfreiheitssatzung notwendig. Es sollte in diesem Zusammenhang bedacht werden, dass hinter dem Antrag viele Bürgerinnen und Bürger stehen. Warum sonst würden Unterschriften gesammelt?

 

Weiter wies Kreisrat Scherf darauf hin, dass Verwaltungsdirektor Fieger in der korrigierten Vorlage gesagte habe, der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sei vom Bayerischen Landtag „natürlich“ abgelehnt worden. Was bedeute das Wort „natürlich“?

 

Kreisrat Scherf appellierte sodann an die Mehrheitsfraktion im Kreistag, keine Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern zu haben und heute der beantragten Informationsfreiheitssatzung zuzustimmen und zu bedenken, dass sich eine solche Satzung schon in mehreren Bundesländern und ganz Europa bewähre.

 

Verwaltungsdirektor Fieger stellte richtig, dass das Wort „natürlich“ wie folgt zu verstehen sei: Im Nachgang zur Kreisausschusssitzung habe er auf der Homepage des Bayerischen Landtages gelesen, dass die beiden Gesetzesinitiativen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt worden seien. Mit dem Wort „natürlich“ habe er sagen wollen, dass das, was Kreisrat Frey im Kreisausschuss gesagt habe, stimme.

 

Kreisrat Berninger wies darauf hin, dass argumentiert werde, wegen einer Informationsfreiheitssatzung sei noch nirgendwo der Notstand ausgebrochen. Tatsache sei doch, dass, um Informationen zu erhalten, noch nirgendwo Bürgerinnen bzw. Bürger Schlange stehen. Heute werde nun über etwas diskutiert, wozu vom Willen der Bürger her keine Notwendigkeit bestehe. Lediglich Kreisrat Frey und die Kreistagsmitglieder, die den vorliegenden Antrag unterstützen, versuchen Informationen zu erhalten, die sie über die Gemeinde- und die Landkreisordnung nicht bekommen.

 

Unter Hinweis darauf, dass der Redakteur des „Bote vom Untermain“, Herr Kümmel, in seinem Kommentar von einer „Partei übergreifenden Bürgermeisterfraktion im Kreistag“ geschrieben habe, bemerkte Kreisrat Berninger, dass er dies bis jetzt noch nicht festgestellt habe, er sich jedoch manchmal darüber freuen würde. Tägliche Arbeit der Bürgermeister sei es, die Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Dies geschehe nicht nur in Anliegen, in denen sie zuständig seien. Deshalb sei der Kommentar von Herrn Kümmel nicht nur falsch, sondern kränkend und ehrverletzend. Die Presse habe eine hohe Verantwortung. Jede Bürgerin und jeder Bürger habe ein Recht auf richtige Information durch die Presse. Noch höher sei die Verantwortung, wenn die Presse kommentiere, denn niemand außer einem Kommentator habe die Möglichkeit, Dinge in seinem Sinne darzustellen. Kreisrat Berninger bat deshalb Herrn Kümmel, künftig nicht mehr über Menschen zu urteilen, die er nur vom Ratstisch her kenne. Er sei bereit, sich in einem Gespräch mit ihm auszutauschen.

 

Kreisrätin Münzel stellte die Frage, wo die Pressefreiheit bleibe und unterbreitete folgenden Geschäftsordnungsantrag: Herrn Kümmel soll die Möglichkeit zur Äußerung gegeben werden, nachdem er direkt angesprochen und angegriffen worden sei.

 

Landrat Schwing bat, diesen Antrag zurückzuziehen, zumal Herr Kümmel signalisiert habe, dass er das nicht möchte. Weiter fragte er, wer gegen den Geschäftsordnungsantrag sprechen wolle.

 

Kreisrat Dr. Schüren nahm diese Gelegenheit wahr und erklärte, dass, würde dem Geschäftsordnungsantrag stattgegeben, ein Präzedenzfall geschaffen würde. Außerdem sei ein Rederecht für Personen, die nicht Mitglieder des Kreistages seien, durch keine Satzung abgedeckt.

 

In der daraufhin erfolgten Abstimmung wurde der Geschäftsordnungsantrag von Kreisrätin Münzel mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

 

Kreisrat Dr. Fahn bezeichnete die pauschalen Angriffe dese Landrats auf die Presse als ungerecht. Die Freien Wähler hätten sich auch schon oft über Presseartikel geärgert. In Deutschland bestehe jedoch Pressefreiheit und da müsse auch der Landrat Kritik aushalten. Außerdem sollte bedacht werden, dass die Presse schon mehrmals in Landkreisangelegenheiten geholfen habe. Was den Antrag auf Erlass einer Informationsfreiheitssatzung betreffe, sei unverständlich, warum ihm die Zustimmung verweigert werden soll, wenn argumentiert werde, die Bürgerinnen und Bürger hätten sowieso wenig Interesse daran. In Nordrhein-Westfalen z.B. seien bislang erst ca. 1.000 Anfragen gestellt worden.

 

Kreisrat Dr. Linduschka bemerkte, dass er sich vor ein paar Jahren auch geärgert habe, als Landrat Schwing in der Presse über die FDP hergezogen sei. Er sei der Meinung, dass über jemanden nur dann etwas Negatives gesagt werden dürfe, wenn er sich dagegen wehren könne. Er gebe Kreisrat Dr. Fahn Recht. Der Kreistag habe bezüglich des vorliegenden Antrages viele Argumente gehört, aber kein echtes Argument dafür, den Antrag abzulehnen, höchstens Misstrauen gegenüber dem Bürger. Tatsache sei, dass inzwischen alle Bürger in den Ländern, in denen es Informationsfreiheitssatzungen gebe, froh über dieses Mittel seien. Der Antrag von Kreisrat Frey sei eindeutig formuliert, Missbrauch sei ausgeschlossen.

 

Kreisrätin Almritter sagte, sie finde es unpassend, wie die Presse heute angegriffen worden sei. Wenn die Presse zum Vorteil des Landrats berichte, werde sie auch nicht angegriffen. Sie finde es furchtbar, was hier bezüglich des Antrages von Kreisrat Frey abgehe. Tatsache sei doch, dass es um mündige Bürger gehe, denen das Recht auf Informationen zustehe. Im Hinblick auf die bestehende Politikverdrossenheit und den Rückgang der Anzahl der Wähler halte sie es für wichtig, dass der Kreistag dem vorliegenden Antrag zustimme.

 

Kreisrat Ripperger bemerkte, dass der Antrag von Kreisrat Frey eine landesweite Aktion der ödp sei. Nachdem der Stellv. Kreisvorsitzende der Freien Wähler und Bürgermeister sowie der Stellv. Bundesvorsitzende der ödp beim Markt Weilbach tätig seien, könnte man annehmen, dass es dort schon eine Informationsfreiheitssatzung gebe. Das Gegenteil sei der Fall: In Weilbach seien zwei Drittel der Aufgaben in ein Kommunalunternehmen überführt worden und die Bürgerinnen und Bürger wissen nicht, dass Weilbach die am stärksten verschuldete Gemeinde Bayerns sei. Es wäre daher gut, wenn die ödp den Antrag auf Erlass einer Informationsfreiheitssatzung in Weilbach einbringen und damit dort die Informationsfreiheit sicherstellen würden. Wenn dann die Mehrheit der Städte und Gemeinden des Landkreises Miltenberg dem Vorbild Weilbachs gefolgt sei und positive Erfahrungen gesammelt habe, könnte auch der Kreistag Miltenberg über eine Informationsfreiheitssatzung nachdenken. Eine solche Satzung würde aber nur zu mehr Bürokratie führen. Weniger Bürokratie wäre zu erwarten, wenn der Kreistag wie bereits viele Gemeinden Bürgerfragestunden einführen würde.

 

Kreisrat Dr. Schüren sagte, seit er Mitglied dieses Kreistages sei, sei er über Äußerungen des Landrats noch nie so schockiert gewesen wie heute. Landrat Schwing habe massive Angriffe auf die Pressefreiheit vorgenommen und Herrn Kümmel vorgeworfen, er betreibe Stimmungsmache. Wie auch dem Landrat bekannt sei, gebe es einen Unterschied zwischen Berichterstattung und Kommentar. Der besagte Presseartikel sei fehlerfrei gewesen, der Kommentar nach Meinung des Landrats nicht, aber das Recht eines Redakteurs. Wäre der Kommentar negativ für SPD und Bündnis 90/Die Grünen ausgefallen, wäre Landrat Schwing zufrieden gewesen. Er (Kreisrat Dr. Schüren) schätze Landrat Schwing sehr. Der Landrat müsse aber einsehen, dass derjenige, der Kritik an dem besagten Kommentar übe, die Axt an die Pressefreiheit lege. Kreisrat Dr. Schüren bat Landrat Schwing daher zu überlegen, ob er seine Angriffe auf die Pressefreiheit nicht zurücknehmen wolle.

 

Kreisrat Scherf bemerkte, dass heute Schaden für den Landkreis Miltenberg angerichtet worden sei. Die Äußerungen des Landrats seien seiner Meinung nach unpassend und eines Demokraten unwürdig. Wer so argumentiere, habe die Grundregeln der Pressefreiheit nicht verstanden.

 

Auf Empfehlung des Kreisausschusses vom 26.02.2007 fasste der Kreistag sodann mit Stimmenmehrheit (19 Stimmen dafür und 28 Stimmen dagegen) folgenden

 

B e s c h l u s s :

 

Der Antrag des Kreisrates Ulrich Frey vom 11.12.2006 auf Verabschiedung einer Informationsfreiheitssatzung für den Landkreis Miltenberg wird abgelehnt.

 

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